... ein Blick in die Vergangenheit
Das Waldhotel Eiche in Burg ist ein Haus mit Tradition. 1765 fand es erstmals Erwähnung in seiner ursprünglichen Gestalt als reetgedecktes spreewaldtypisches Blockhaus. Damals wurden alle Gebäude im Spreewald aus Holz gebaut. Es war der einzige Baustoff, den die Region hergab und welcher sich auch noch problemlos überall hin flößen ließ. Auch der „Alte Fritz“ soll hier einige Jahre später eingekehrt sein, um den sächsischen Kolonisten einen Besuch abzustatten.
Literarische Berühmtheit erlangte das Haus durch den Aufenthalt Theodor Fontanes im Jahre 1859. Er hatte das Gasthaus für eine Rast auserkoren. Das Lokal stand schon damals in dem Ruf, ein “von Frau Schenker in gutem Ansehen erhaltenes Wirtshaus” zu sein. Fontane kam hier voll auf seine Kosten. Die Spree und den Wald in seinem Rücken, das Haus im Blick, wurde damals unter einer mächtigen Linde getafelt. Die Linde existiert heute leider nicht mehr, aber unter alten Eichen sitzt es sich im Biergarten genau so gemütlich. Die Eichen gaben dem Gasthaus einst den Namen.
Der Sage nach ist der Spreewald ein teuflisches Werk. Durch ihn soll das Netz der vielen Flussarme entstanden sein. In ihnen gibt es Hecht, Zander, Karpfen, Barsch, Wels und Aal. Fisch gehörte natürlich auch zu Zeiten Fontanes auf die Speisekarte
Zweimal wurde das Haus umgebaut. Das erste Mal 1904. Mit der Anbindung des Spreewaldes an das Eisenbahnnetz kamen immer mehr Besucher in die Region und das Holzhaus wurde durch einen größeren Ziegelbau ersetzt. Der Lübbenauer Lehrer und Ortschronist Paul Fahlisch brachte an den Wochenenden viele Berliner hierher, um Ihnen die Schönheit des Spreewaldes während einer Kahnfahrt von Lübbenau nach Burg zu zeigen und um Ihnen vor allem den Burger Kirchgang nahe zu bringen.
Die Gastwirtschaft wurde über fünf Generationen von der Familie Roschke betrieben. Sie ließ auch 1990 das Gasthaus zum Waldhotel Eiche um- bzw. neu bauen. Nach der Erweiterung erinnern nur noch die zum Biergarten gelegene Backsteinfront und die nachgebauten Holzveranden an das alte Gasthaus.
Die Lübbenauer Grafschaft Lynar kaufte 1621 das an strategisch wichtiger Stelle liegende Leiper Grundstück, um dort ein Forsthaus zu errichten. Hier trafen einst die Grenzlinien von vier Herrschaften zusammen (Vierländereck). Heute kommen an gleicher Stelle drei Landkreise zusammen.
Die Menschen jagten damals der Not gehorchend und schlugen Holz, ohne sonderlich Grenzen und Gesetze zu beachten. Der Bau des ersten Forsthauses durch Lynar könnte in diesem Zusammenhang als eine Art Kontrollstation gesehen werden. Es ist im 19. Jahrhundert ersetzt worden durch das noch heute existierende, aber vor sich hin verfallende Haus.
Neben dem Forsthaus entstand später das Gasthaus Eiche. Früheste Hinweise beziehen sich auf das Jahr 1756, wie der ehemalige Besitzer Wilhelm Roschke weiß. Auf seiner Reise durch die Mark Brandenburg stieg Theodor Fontane 1859 in der „Eiche“ ab und schreibt: „Das Gasthaus, das uns aufnimmt, ist ein Haus im echten Spreewaldstil… Deutsche indes und nicht Wenden scheinen von alten Zeiten her hier heimisch gewesen zu sein, denn nicht nur das Schenkers (ein unverkennbar deutscher Name) schon in der dritten Generation hier haushalten, auch ein alter mühsam zu entziffernder Spruch über der Haustür lässt über die deutsche Abstammung keinen Zweifel.“
Über die weitere Geschichte der Gaststätte ist darüber hinaus nur wenig bekannt. Sie ist eng mit dem benachbarten Forsthaus verknüpft, welches zumindest zeitweise ebenfalls für die Gästebewirtung und für Übernachtungen benutzt wurde. Bis 1981 soll es noch bewohnt gewesen sein.
An Kindheit und Jugend im Gasthaus Eiche erinnert sich die Cottbuserin Marieluise Gereke (Jahrgang 1935): „Wir kamen 1945 von jenseits der Neiße und fanden bei meinem Opa Gustav Roschke eine Zuflucht. Trotz aller Probleme hatte ich dort eine unbeschwerte Kindheit inmitten der Natur. Ich erinnere mich allerdings auch an die Plünderungen, die es damals häufig gab. Ich musste dann schnell zur benachbarten Pohlenzschänke laufen, dort gab es das einzige Telefon. Ein Anruf bei der sowjetischen Kommandantur in Lübbenau sollte Hilfe bringen. Meist waren die Diebe bei der Ankunft der Soldaten schon wieder über alle Berge.“ Marieluise besuchte die 2. Kauperschule in Burg. Der Weg dorthin dauerte zu Fuß etwa eine Stunde – im Winter oft noch bei völliger Dunkelheit und in Eiseskälte. Manchmal versperrte Hochwasser tagelang den Weg. Im Winter, wenn Ruhe eingekehrt war, lauschte Marieluise den Erzählungen der Eltern und Großeltern. In der Küche der Gaststätte, manchmal die einzige warme Stube, wurde viel und lang erzählt. Das Licht kam von Kerzen oder der offenen Ofentür. In dieser heimeligen und kuscheligen Umgebung erfuhr das Mädchen von den vielen Festen und vom feierlustigen Grafen, der nach seinen Jagdausflügen gern im Gasthaus übernachtete. Sie erfuhr vom Ochestrion im Gastraum, dem flotte Tanzmusik entlockt wurde. Und sie war mittendrin, als Weihnachtsfeiern vorbereitet und Programme einstudiert wurden. Marieluise war manchmal auch dabei, als in strengen Wintern Eis gesägt wurde. Die Gaststätte hatte einen vierschleusigen (viertürigen) Keller, in dem das Eis oft bis zum nächsten Herbst aufbewahrt werden konnte. Zur Gaststätte gehörten sieben Hektar Land für die Eigenerwirtschaftung von Lebensmitteln
Zu DDR-Zeiten fanden am Gasthaus Eiche jährliche Motorrad- und Paddlertreffen statt. Der Lübbenauer Werner Zimmermann erinnert sich: „Ich war in den frühen Siebzigern mit meiner jungen Frau und unserem Kleinkind mit dem Paddelboot dort, auf der Wiese haben wir unser kleines Zelt errichtet. Es war alles einfach gehalten, gewaschen wurde im Freien unter einem Wasserhahn. Abends, wenn die Wirtsleute (Wilhelm und Lidwina Roschke) müde waren, überließen sie uns die Theke zur Selbstbedienung. Das Geld sollten wir ins Spülbecken werfen – vermutlich haben die dadurch mehr eingenommen, als alles tatsächlich gekostet hatte. Wir Camper waren ehrliche Leute!“ Werner Zimmermann erinnert sich auch an eine spätere Begebenheit, als er als Fährmann mit einem Kahn voller Gäste von Lübbenau zum Gasthaus Eiche fuhr: „Wir waren nach einer stürmischen Nacht die Ersten, die am frühen Morgen auf die Route Richtung Gasthaus gingen. Kurz vorm Ziel lag ein mächtiger Baum quer im Fließ. Ganz demokratisch haben wir entschieden, dass wir nicht zurück fahren, sondern versuchen, den Kahn über den Baum zu ziehen. Die Frauen gingen ans Ufer, die Männer ins Wasser. Leider scheiterte vorerst der Plan, der Kahn war einfach zu schwer. Später kamen Paddler hinzu und erst dann gelang das Vorhaben. Nass und hungrig steuerten wir mit dreistündiger Verspätung die Gaststätte an. Die Wirtin, Ludwina, hatte uns längst abgeschrieben und beschäftigte sich inzwischen mit der Küchenasche und –kohle. Unkompliziert wie sie war, holte sich die Schnitzel wieder hervor und bearbeitet sie – mit ihren rußigen Händen. Aber das war uns Hungrigen vollkommen egal.“
Gastwirte (nach den Aufzeichnungen von Marieluise Gereke):
- Martin Roschke (geb. 1808) und Anna gebn, Matzk (geb. 1808)
- Friedrich Wilhelm Roschke (1844 – 1898) und Annemarie gebn. Raschick (1844 – 1929)
- Gustav Roschke (1878 – 1963) und Luise … (1878 – 1965)
- Ausbau ab 1904
- Herbert Roschke (1904 – 1988) und Henriette … (1918 – 1988)
- Übernahme 1957
- Wilhelm Roschke (1948) und Lidwina (1951)
- Übernahme 1981, 1. Ausbau 1983, 2. Ausbau 1993, Insolvenz 1994
- Übernahme durch Ringhotelgruppe, Geschäftsführer Bringer, Seidel, Mende, Eick
- Austritt aus der Ringhotelgruppe am 01.01.2017*
Die Gaststätte wurde immer privat bewirtschaftet und nie an HO oder Konsum verpachtet. Nach dem Neubau 1993 durch Wilhelm Roschke und der Insolvenz im Folgejahr, erwarb die WHE Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH & Co.KG Nordenham das idyllisch gelegene Hotel. Es trägt nun den Namen Waldhotel.
Verfasser: © Peter Becker, Freier Journalist und Fotograf
* diese Information wurde selbstständig durch das Waldhotel Eiche ergänzt